Heute wollen wir euch einen Einblick in die Denkweise des Künstlers hinter der Musik geben und begrüßen daher Alexei zu einem kurzen Interview über seine Kunst und Arbeit für den X4-Soundtrack. Viel Vergnügen!
Willkommen, Alexei! Wie bist du beim Musikkomponieren gelandet?
Ich glaube, ich habe Musik schon immer geliebt. Obwohl keiner meiner Eltern Musiker war, lief bei uns zu Hause immer Musik. Mein Vater war ein Fan von klassischem Rock und hörte Queen, Pink Floyd, Deep Purple, Uriah Heep ... und mein junges Ich war glücklich, das um mich herum zu haben. Mein Papa erzählte mir später, dass er mir statt Schlafliedern Metal-Songs vorgesungen hat, als ich geboren wurde. Zwar hatte ich nie die Chance, eine regelrechte Musikausbildung zu bekommen, war aber begierig darauf, alle Musikinstrumente zu spielen, die ich sah, wie zum Beispiel alte verstimmte und verzerrt klingende Klaviere in den Häusern von Freunden und Verwandten, die kaputte Balalaika meines Opas (die ich geerbt hatte) und jede gut klingende Oberfläche, die ich als Trommel nutzen konnte. Als ich älter wurde, ich denke, als ich 13 Jahre alt war, entdeckten mein Freund und ich unsere erste Musiksoftware, und ich glaube, es war einer der Tracker, wahrscheinlich Fast Tracker. Es gab noch viele andere Software-Tools, die wir damals ausprobiert haben, aber es war mehr aus Spaß und ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann mal professionell Musik produzieren würde.
Was sind deine größten musikalischen Einflüsse?
Da gab es viele und sie haben sich im Laufe meines Lebens verändert. Wie schon gesagt, war ich ein echter Fan von klassischem Rock und höre ihn immer noch. Außerdem höre ich einiges an Heavy Metal. Es gibt mir immer Energie, nicht immer positive, aber jede Energie und jedes Gefühl ist gut, um deine eigene Musik zu produzieren. Ich höre auch gerne klassische Musik: Sveridov, Tschaikowsky, Rachmaninov. Filmsoundtracks auch, aber ich bin kein Fan von modernen Soundtracks, bei denen der Sound wichtiger ist als die Melodie. Howard Shore ist in der Hinsicht großartig, ein fantastischer Komponist der alten Schule des Soundtrack-Schreibens. Was Spiele-Soundtracks angeht, so sind viele heutzutage auch viel zu generisch. Ich kann wohl Gareth Coker als einen der besten Komponisten in der Spielebranche bezeichnen. Der Typ rockt!
Wie kamst du dazu, Musik für die X- Spiele zu machen?
Es war eine Mischung aus Glück und Zufall. Damals, ich glaube, es war im Sommer 2003, war ich schon Fan der X-Serie und beschloss aus einer Laune heraus, eine E-Mail an Egosoft zu schreiben und zu sagen, wie sehr ich ihre Spiele liebe und wie gut die Musik darin ist. Ich erwähnte auch, dass ich elektronische Musik produziere und gerne etwas für sie schreiben würde. Ein paar Tage später erhielt ich eine Antwort von Bernd, dem Chef persönlich! Ich war schockiert und glücklich zugleich, aber er sagte, dass sie nicht wirklich irgendwelche Techno-Musik brauchen, ich könne jedoch gerne schicken, was immer ich habe. Ich beschloss, etwas ganz Neues zu schreiben und nach zwei Tagen hatte ich einen Track, den ich ihm schickte. Er schien ihn sehr zu mögen und sagte, dass er auf jeden Fall in X2 verwendet werden würde. Dieser Track hieß
"Aurora" und ist auf dem Soundtrack zu X3: Albion Prelude zu finden, der viel später veröffentlicht wurde. Danach komponierte ich einige weitere Tracks wie diesen und Bernd bat mich, Musik für eine Rolling Demo zu machen, die nur ein paar Tage nach seiner Anfrage veröffentlicht werden sollte. Ich komponierte vier Tracks dafür in einem sehr engen Zeitrahmen, und die Musik wurde nur eine Stunde vor der Veröffentlichung eingebaut. Das war meine erste Arbeit für Egosoft. Der Rest ist Geschichte.
Deine Musik gibt den X Spielen eine starke Identität. Wie erkundest du die Themen des X-Universums musikalisch?
Ich spiele einfach, erkunde und sehe mich selbst ... aber ich versuche, das stückchenweise zu tun. Zum Beispiel brauchten wir Musik für den HUB in unserer kürzlich veröffentlichten Erweiterung - X4: Timelines. Ich habe das Spiel einfach nur gestartet und eine Zeit lang auf einem Desktop laufen lassen und versucht, mir vorzustellen und zu fühlen, was zu jedem Ort dort passen könnte. Nach einer Weile hatte ich eine klare Vorstellung davon, was ich komponieren sollte und wie es klingen würde. Nachdem ich die Tracks ins Spiel gestellt habe, verbringe ich auch einige Zeit damit, herumzulaufen oder einfach nur stillzustehen und der Musik zu lauschen und zu spüren, wie es sich anfühlt, im Spiel drin zu sein. Dann zeige ich das Ganze dem Team und höre mir das Feedback an. Das ist mein Algorithmus.
Wie gehst du deine Arbeit an neuer X-Musik an? Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Ich habe diese Frage bereits bei einer früheren teilweise beantwortet, aber ich kann versuchen zu erklären, wie es auf einer globaleren Ebene läuft. Auf globaler Ebene geht es immer sehr unterschiedlich und manchmal sogar chaotisch zu. Die Musikproduktion ist über den gesamten Entwicklungszyklus verteilt. Da ich nicht nur die Musik, sondern den gesamten Sound in unserem Spiel mache, wechseln sich die Phasen der Soundeffektproduktion und der Musikproduktion ständig ab. Manchmal ist es schwer, seine Arbeitsweise immer wieder zu ändern, aber auf andere Weise hilft es, sich nicht zu sehr zu langweilen, wenn man die ganze Zeit das Gleiche macht. Beim Komponieren der Musik selbst geht es auch sehr unterschiedlich zu. Manchmal zwinge ich mich einfach, mich hinzusetzen und etwas zu schreiben, weil ich es muss! Aber manchmal wache ich einfach nachts auf und renne zu meinem Studio-PC, um ein Stück zu komponieren, das mir gerade im Traum eingefallen ist. Musik ist eine so unberechenbare Sache, dass sie dich an sehr ungewöhnliche Orte bringen kann und du nie genau weißt, wann. Und natürlich sind diese spontanen Tracks die besten. Der Track
"Rise of the Protectorate" entstand zum Beispiel so. Die Idee für einen roboterhaft klingenden Chor per Vocoder kam mir nachts.
Komponierst du nur mit elektronischen Instrumenten, oder arbeitest du auch mit analogen Instrumenten?
Ich komponiere hauptsächlich mit Hardware-Synthesizern und gesampelten Orchestern. Ich besitze 6 Synthesizer, die ich während meiner Egosoft-Laufbahn gekauft habe. Natürlich nicht alle auf einmal. Mein erster Kauf war ein Virus TI, einer der kultigsten modernen Synthesizer, der leider dieses Jahr eingestellt wurde. Er ist einer meiner Favoriten für das Komponieren von weltraumbezogener Musik und ich denke, ich werde ihn niemals hergeben. Dann habe ich noch ein paar KORGs und mein letzter Kauf war ein Clavia Nord Stage 4. Aber wenn ich meine Tracks mit Live-Instrumenten aufwerten will, kontaktiere ich meine Freunde im Orchester, um etwas für mich aufzunehmen. Egal, ob es sich um ein großes Orchester oder nur um einzelne Instrumente handelt, es klingt immer viel besser. Ziemlich oft verwende ich auch Klänge aus der realen Welt, um meine Musik zu bereichern. Für den Track
"Mission Control" in X4: Timelines habe ich zum Beispiel das Geräusch meiner Metalltür aufgenommen. Nachdem ich diesen Sound bearbeitet hatte, habe ich ihn heruntergepitcht und mit starken Effekten belegt, sodass er sich in diesen sehr ominösen knurrenden Sound verwandelt hat, den man den ganzen Track über hören kann. Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie diese Tracks lebendig werden.
Auf welchen Track, den du für X erstellt hast, bist du am stolzesten und warum?
Ich glaube, da gibt es keinen superspezifischen. Natürlich liebe ich, was ich tue, aber es gibt immer Raum für Verbesserungen. Wir sollten nie aufhören zu lernen und uns zu entwickeln. Also möchte ich diese Entscheidung unseren geschätzten Spielenden und Zuhörenden überlassen.
Bist du beim Komponieren schon einmal auf ein kreatives Hindernis gestoßen? Wie hast du diese Hürden überwunden?
Natürlich bin ich das und das ist Teil des kreativen Arbeitsprozesses, wo man immer etwas Neues machen muss, aber auf eine Art, dass dein Publikum glücklich ist und nicht enttäuscht wird. Ich glaube, das ist mein Hauptblockadefaktor: nicht zu enttäuschen und es so gut zu machen, dass das Team und ich mit dem Ergebnis rundum zufrieden sind. Aber wie immer sind die meisten dieser Blockaden hauptsächlich in meinem Kopf und ich neige dazu, ihnen zu viel Raum zu geben. Was hilft? Hmm ... vielleicht ein Spaziergang im Wald oder auf einer Bank am Fluss sitzen, immer etwas anderes. Aber manchmal bringt es mir am meisten, mich einfach zu zwingen, mich hinzusetzen und es einfach zu tun.
Gibt es Themen oder musikalische Einflüsse, die du in der Zukunft gerne näher erkunden würdest?
Wir probieren immer etwas Neues aus. Wenn auch nur in langsamen Schüben. Aber für die Zukunft würde ich gerne einen größeren Schritt in der Veränderung der Musik machen. Sie könnte dunkler und viel gewichtiger werden, aber natürlich wird sie melodisch bleiben.
Was ist dein allerwichtigster Rat an aufstrebende Künstler?
Lass es lieber bleiben, haha. Es wird deine ganze Zeit, dein Herz und deine Gefühle in Anspruch nehmen und dich sogar bei lebendigem Leibe auffressen ... und es ist nicht garantiert, dass du in irgendeiner Weise erfolgreich wirst und Gewinn machst. Aber wenn du keine Angst und dich schon entschieden hast, all das zu überwinden, ist das dein erster Schritt zum Erfolg. Behalt nur im Hinterkopf, wie hart der Weg sein kann und dass viele berühmte Komponisten tatsächlich zu ihren Lebzeiten nicht berühmt waren. Viele von ihnen waren unglücklich und haben nie wirklich an ihre Arbeit geglaubt. Erst viel später erkannten die Menschen ihr Genie an. So, nachdem ich das losgeworden bin, wäre mein Rat, an deine Arbeit zu glauben. Vielleicht hört heute niemand deine Musik, aber wenn du deiner Arbeit wirklich treu bleibst, wird sie eines Tages wertgeschätzt werden!
Was genießt du gerade im Leben, mal abgesehen davon, dass du Musik für ein ganzes Universum erschaffst?
Oh, mir bleibt nicht viel Zeit für irgendwas anderes. Am ehesten spiele ich manchmal Spiele, denn das ist meine erste Leidenschaft nach der Musik. In die Berge reisen, einmal im Jahr. Die Berge geben mir eine Menge Energie und inspirieren mich sehr. Ich würde sagen, das ist mein Ort der Kraft.
Wo kann man dir und deiner Arbeit folgen?
Leider habe ich im Moment keine Website, denn alles, was man heutzutage braucht, sind soziale Netzwerke. Also, gerne auf meinen Social Accounts, und den Profilen bei Musikstreamingdiensten:
Gibt es noch irgendetwas, das du deinen Fans sagen möchtest?
Vielen Dank, dass ihr mich all die Jahre begleitet habt! Ich lieb euch alle!